Tempelhoffnung?
Nun bleibt der geschichtsträchtige Stadtflughafen Tempelhof also doch erstmal
offen. Erstmal.
Und das nicht etwa, weil Einsicht in die fähigkeitsentleerten Kommunalfiguren
Einzug gehalten hätte, sondern weil sie - erwartungsgemäß - über ihre Kompetenzen
hinaus entschieden hatten, und das tatsächlich aufgefallen ist.
Also die Rettung Tempelhofs? Nein, die Schläuche der Herz-Lungenmaschine
Tempelhofs werden lediglich noch eine Weile angeschlossen bleiben. Denn die ehemals
dort ansässigen Airlines und Geschäftsflieger haben verständlicherweise keinen
Bock mehr gehabt, ihre Argumente und Angebote an vernagelten Stirnen abprallen
zu sehen und sind inzwischen umgezogen. Die, die Ümzüge lieben, nach Tegel, der
in absehbarer Zeit zugunsten Schönefelds (oder besser: BBI, 'Berlin-Brandenburg-
International') ebenfalls zum spekulativen Areal werden wird. Und die anderen
direkt nach Schönefeld. Einfältig, zu glauben, die würden nun noch mal kurz
zurück-umziehen.
Und so zieht das bisher falsche, aber populistische Argument, Tempelhof fahre
nur Verluste ein und sei deshalb für die Stadt nicht mehr zu halten, vermutlich
zum ersten mal wirklich. Keine Rede mehr davon, dass noch vor kurzem erst die
Deutsche BA, dann Germania den Flughafen kaufen wollten und verlustfreien
Betrieb garantierten. Und das in Zeiten, in denen andere Flughäfen den Airlines
die Euros nur so entgegenwerfen, damit sie überhaupt ans Anfliegen denken. Und
natürlich erst recht keine Rede mehr davon, dass der reine Flugbetrieb absolut
schwarze Zahlen schrieb. Die durch paralytisches Verhalten, um nicht zu sagen
durch bewusste Blockade in der Vermietung des durchaus attraktiven
Gebäudekomplexes und geschickte Bilanzen so wunderschön zu verdecken waren.
Es könnte der Gedanke aufkeimen, dies alles, die wenig aussichtsreiche Situation
Tempelhofs, sei raffiniert geplant gewesen, eine ausgekochte Strategie. Aber das
setzte voraus, dass die weitgehend fachkenntnisbefreiten Verantwortlichen (ja,
sowas gibt es bei uns, sogar recht häufig) über
Raffinesse und strategische Fähigkeiten verfügten. Und das, lieber Leser, können
wir ganz entspannt verneinen. Das wäre ja das erste Mal.
Im Zeitalter der viel besungenen Globalisierung, des Wegfalls vieler
wirtschaftlicher Grenzen werden die Terminkalender der Wirtschaftsagenten immer
dicker und die Zahl der Verhandlungsorte nimmt zu. Verhandlungsorte, die schnell
und vor allem unkompliziert erreicht werden müssen. Und während andere
europäische Metropolen die kühnsten Konzepte für als notwendig erkannte City-Airports für die Businessfliegerei ersinnen, machen wir vorhandene Luftfahrt-Infrastrukturen platt. Und geben weiterhin auf Europas Wirtschaftsbühne die
Comedy-Abteilung.
Warum? Weil es in Deutschland als peinlich gilt, erfolgreich zu sein. Weil sich
hier Manager davor fürchten müssen, vor ihren Mitarbeitern und den
Gewerkschaften als Protz zu gelten, wenn sie ein Geschäftsreiseflugzeug zur
Wahrnehmung ihrer Termine benutzen, gleichgültig ob gechartert oder gar als
Firmenflieger. Weil wir uns hier ängstlich vor solchen Stimmen ducken, die
sagen: 'Den Spaß der wenigen mit ihren kleinen Jets zahlen wir alle teuer
mit', wie gerade heute im 'Berliner Kurier' zu lesen war.
Berufsneider werden wir niemals bekehren, weder mit ausgesuchter Freundlichkeit
noch mit nachprüfbaren Argumenten. Und weil sich das nicht ändern wird, wird
sich auch in der Luftfahrtpolitik in unserem Lande nicht wirklich etwas ändern.
Jedenfalls nicht zum Positiven.
Und so werden wir uns schließlich doch von Tempelhof verabschieden müssen. Es
wird länger dauern, als gedacht. Und damit schmerzhafter werden.
Euer
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