"Pilot an Zentrale..."
Es wird zentralisiert.
Könnte sein, dass uns in den nächsten Tagen ein Brief irgendeiner Kaufhauskette
erreicht, in dem folgendes zu lesen sein wird:
"Liebe Kunden! Wir wollen unsere Leistungen für Sie noch effizienter machen! Deswegen werden
wir unsere Kaufhäuser in Bremen, Hamburg, Hannover, Düsseldorf, Frankfurt,
Stuttgart. München, sowie alle anderen zentral nach Köln verlegen! Sie können
uns jederzeit über eine kostengünstige 01805-er Rufnummer erreichen, wenn Sie
eine Kaufberatung wünschen!"
Ist das nicht toll? Endlich kein Anstehen mehr an vollen Verkaufsständen, kein
Gelaber mehr von diensteifrigen Verkäufern! Einfach zu Hause auf einem Internet-
Formular ankreuzen, was man haben will, und fertig! Und wenn man nicht genau
weiß, was man haben will? Kein Problem! Schnell ans Telefon gesetzt und für 9,5
Cent pro Minute sich von einer Stimme beraten lassen, die bestimmt hervorragende
Fachkenntnis hat! Schließlich leben wir in einer elektronisch-interaktiven Welt!
Da braucht man den direkten Kontakt überhaupt nicht mehr! Und eine Leitung ist
bestimmt frei...!
Doch keine angenehme Vorstellung...?
Daran werden wir uns aber gewöhnen müssen. Denn die Deutsche Flugsicherung GmbH
tut genau das. Den Flugberatungsdienst AIS noch 'effizienter und
kostengünstiger' anzubieten. Dazu werden die AIS-Stellen in mehreren Schritten
zu einem AIS-Center (AIS-C) in Frankfurt-Rödelheim zusammengefasst. Und das ist
dann ganz unkompliziert telefonisch zu erreichen...! Bereits am 01. Oktober
werden die AIS-Stellen Bremen, Hamburg, Hannover und München nach Frankfurt-
Rödelheim umziehen. 'Auch dort stehen Ihnen unsere qualifizierten Mitarbeiter
rund um die Uhr zur Verfügung, um Sie bei der Planung und Durchführung Ihres
Fluges zu unterstützen', heißt es in der Mitteilung an die DFS-Kunden.
Und Piloten aus Frankfurt sind auch nicht besonders bevorzugt. Denn auch sie
müssen mit AIS per Telefonleitung Kontakt aufnehmen - allerdings aus den
Selfbriefing-Bereichen über eine Direktleitung. Ob da auch die 9,5ct-Uhr tickt,
ist noch unbestätigt.
Herrliche Zeiten brechen an! Das kennen wir ja schon vom DWD! Das klappt ja auch
prima mit den Telefonnummern, man kann rund um die Uhr anrufen. Man muss sogar
oft rund um die Uhr anrufen, um beim Poker um die Chance einer freien Leitung mitmachen zu können.
Vermutlich werden demnächst alle Lufträume zentral nach Frankfurt verlegt, und
Fliegen ist somit dann nur noch dort möglich - nach vorheriger telefonischem
Request über eine gebührenpflichtige Nummer, versteht sich...
Wann werden wohl Polizei- und Feuerwachen diesen Beispielen folgen...?
Nach einem langen Lernprozess, der dann in den achtziger Jahren endlich sogar
uns Deutschen die betriebs- und volkswirtschaftlichen Vorteile der
Dezentralisierung enthüllt hatte, vollziehen die Behörden-GmbH's eine mehr oder
weniger elegante Umkehrkurve und zentralisieren, was das Zeug hält. Mit der
Weitsicht eines Maulwurfs.
Was bei den FIR's mit gutem Willen noch einsehbar war - es ist letztlich
unerheblich, ob der Radarlotse für den Hamburger Luftraum in Bremen oder sonstwo
sitzt - , macht die Sinnfrage eines zentralisierten AIS schon ungleich
schwieriger zu beantworten...
Wir wissen alle, dass eine Umkehrkurve kurz nach dem Start in der Regel zum
Crash führt. Vielleicht zeigt uns aber die DFS, dass eine Umkehrkurve kurz nach
dem Start als Wirtschaftsunternehmen doch geht...
Allerdings, mit so wenig Wirtschafts(flug)erfahrung darf das wohl ganz entspannt
bezweifelt werden. Aber es wird lange dauern, bis das Licht der Erkenntnis die
staubgeschwängerte Luft aus fünfzig Jahren Behördentum in den GmbH-Büros
durchdrungen haben wird...
Euer
|