Fliegen könnte sicherer sein
So gelesen neulich in der 'Welt am Sonntag'.
In der Zivilluftfahrt würden seit Jahrzehnten keine Anstrengungen
unternommen, um ein crashresistentes Design zu entwickeln, heißt es dort.
Ganz im Gegensatz zur Automobilindustrie, die Airbags, Bremsen und Knautschzonen
entwickelt und weiterentwickelt, werden in der Luftfahrt durchaus mögliche
Verbesserungen an Sitzen, Gurten, Gepäckfächern, Tanks und Laderä
umen nicht vorgenommen.
Wenn meine Haare etwas kürzer wären, hätte an dieser Stelle
bereits jedes zweite zu Berge gestanden, denn ich ahnte schon den Grund für
diese 'Zurückhaltung', um es noch milde auszudrücken...
Die Hersteller von Zivilmaschinen seien der Meinung, so der Artikel weiter,
daß es wichtiger sei, Unfälle zu vermeiden, als technisch ihre
Folgen zu mindern. Das ist auch völlig unbestritten, daß der Wurzel
des Übels Vorrang gewährt werden sollte.
Aber jetzt kommt's: Aussicht auf Erfolg hätten entsprechende Bemü
hungen (die Folgen eines Crashs zu mindern) auch nur, wenn der Aufwand
wirtschaftlich vertretbar sei.
Aha. 'Wirtschaftlich vertretbar'... Klar, das ist das Denken eines jeden
Unternehmens. Ist logisch und auch verständlich. Aber das eine muß
doch das andere nicht ausschließen! Klar, müssen Unfälle erst
einmal verhindert werden. Aber sie werden immer wieder passieren. Restrisiko
eben. Und wie unwirtschaftlich ist letztendlich der Satz: 'Beim Absturz der
..... sind .... Insassen ums Leben gekommen". Tolle Werbung.
Nach Meinung der Entscheidungsträger ist der Kunde wahrscheinlich selbst
schuld, daß er nicht mehr Sicherheit bekommt, denn die Passagiere mö
chten ihr Ticket schließlich zu einem immer günstigeren Preis
kredenzt bekommen. Mallorca für 99 Mark ist eben einfach klasse und auch
ein Unternehmen freut sich über ein Ticket für 135 Mark nach Frankfurt
oder schlappe 500 Mark nach New York.
Die Airlines werden wahrscheinlich demnächst noch stärker stö
hnen und von 'wirtschaftlich nicht vertretbar' sprechen, wenn immer mehr
Geschäftsreisende sich aus Kostengründen lieber wieder in die Economy
Class falten, statt ein Stewardess-Lächeln mit einem teureren Business-
Class-Ticket zu erkaufen oder sie letztendlich auf andere Verkehrsmittel
ausweichen.
Aber vermutlich wird dann 'langer Atem' demonstriert. Sollen die Kunden doch
versuchen, auf die Bahn umzusteigen. Schon mal in zwei Minuten in Hannover von
einem Ende des Bahnhofs zum anderen gehetzt, um dem nächsten zustä
ndigen Zug entgegen zu hecheln? Das beste ist da ein gutes Deo, entsprechende
Kondition und ein hasenartiger Rennstil. Und was die Sicherheit betrifft: Schon
mal im Zug die Gepäckablage über den Sitzen mit den ungesicherten
schweren Koffern des Senioren-Kegelclubs angesehen, in denen der gesamte
Hausstand befördert wird? Was passiert, wenn mal einer herunterkommt...?
Sollen Sie sich doch dem Automobil zuwenden, mit den vielen Airbags und
ausgetüftelten Knautschzonen... Schon mal im Stau gestanden bei praller
Hitze und engem Zeitplan? Ok, die echten Managerfahrzeuge haben Klima-Anlage.
Trotzdem: zu spät zum Termin zu erscheinen, wirkt nicht wirklich
professionell. Und wodurch war der Stau eigentlich ausgelöst?
Wahrscheinlich ein Unfall. Der Fahrer überlebte schwerverletzt, weil bei
250 km/h die Wirkung des Airbags nicht mehr so prall war und die Knautschzone
nicht ganz ausreichte. Aber immerhin: er lebt, fällt 'nur' ein paar zig
Tage aus, wie ärgerlich.
Das lernende Unternehmen wird schließlich doch wieder beschließ
en, die Mitarbeiter ins Flugzeug zu setzen, zumindest die ganz teuren, damit sie
die meiste Zeit ihres Arbeitstages an Orten verbringen, an denen sie auch
wirklich arbeiten können, muß ja wirtschaftlich vertretbar sein. Und
weil sie eingesehen haben, daß es besser ist, geistig und körperlich
frische bzw. überhaupt Mitarbeiter dem Kunden zu präsentieren, was ja
bei Einsatz von Bahn und Automobil nicht unbedingt gewährleistet ist. -
Soweit mögliche Gedanken der Airlines.
Wenn es auch bei den Airlines lernende Organisationen gibt, dann werden sie
ihre eigenen Organisationen nach Kosteneinsparpotentialen (tolles Wort, nicht
wahr?) durchsuchen und das Mehr an Wirtschaftlichkeit in Sicherheit 'für
den Fall, daß...' stecken, um rufschädigende Zahlen toter Passagiere
zu irgendeinem Zeitpunkt zu vermeiden bzw. auf einem niedrigeren Niveau zu
halten als die Konkurrenz. Solange kein Unfall passiert, ist es sicherlich ein
'wirtschaftlich vertretbarer' Weg, keine crashmindernden Neuheiten einzufü
hren, der Anlaß fehlt ja.... Aber diese Sichtweise ist natürlich
recht kurzsichtig, denn die erhoffte Wirtschaftlichkeit kann sich durch einen
einzigen Vorfall recht schnell ins Gegenteil verkehren.
Daß mehr Sicherheit durchaus auch vom Kunden honoriert wird, zeigt ja
die Automobilindustrie. Die Mehrheit aller Autofahrer möchte doch auf
Airbag & Co. nicht mehr verzichten, obwohl der Luftsack 'nur' 'für den
Fall, daß...' spazieren gefahren wird.
Wie sieht es eigentlich in der privaten Luftfahrt aus? Wird dort, eben weil
sie ohnehin nicht 'wirtschaftlich' ist, gerade auf die Entwicklung in
Richtung 'Schutz bei Crash' verzichtet? Wird sie von den Haltern dieser
Maschinen genausowenig gefordert, wie von Airlines?
Vielleicht habt Ihr ja auch eine Meinung zu diesem Thema. Wie wär's mit
einer Diskussion im Forum?
Ich wünsche Euch eine schöne Woche! Ich komme jetzt mal wieder
'runter von meiner Palme... Apropos Palme.... Nein, ich sag's nicht...! ;-))
Herzliche Grüße
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