Wasser im Kraftstoffsystem
Wasser im Kraftstoffsystem eines Flugzeuges ist ungesund, sowohl für den Motor
als auch für die Insassen, da daraus resultierende Motorausfälle fatal enden
können.
Wasser kann in das Kraftstoffstoffsystem auf verschiedene Arten
gelangen: durch undichte Tankdeckeldichtungen, Kondenswasser, schlecht geführte
Tankanlagen auf Flugplätzen, Betankung aus Fässern etc. Um eventuell vorhandenes
Wasser im Treibstoff zu entdecken und zu entfernen, wird an geeigneten und vom
Hersteller festgelegten Stellen der Kraftstoff geprüft. Das Verfahren ist vom
Hersteller ebenfalls festgelegt worden. Man sollte dann eigentlich davon
ausgehen können, daß dieses Verfahren auch eine zuverlässige Aussage darüber
gibt, ob sich Wasser im Kraftstoffsystem angesammelt hat. Dieses scheint jedoch
nicht der Fall zu sein, und der Grund liegt offensichtlich im Design der Tanks.
Von 1978 bis 1986 wurden bei Cessna Gummitanks verbaut. Tests ergaben jedoch,
daß nach dem vom Hersteller empfohlenen Drainverfahren z.T. nicht unerhebliche
Mengen an Wasser in den Tanks verblieben, die nicht drainbar waren und, was viel
schlimmer ist, auch nicht erkannt werden konnten. Es wurde Wasserfreiheit
vorgegaukelt, die Wirklichkeit war eine andere.
Es wurde nach Bekanntwerden des
Problems empfohlen, nach dem ersten Drainen noch einmal die Tragflächen auf und
ab zu bewegen, um weiteres Wasser Richtung Drainventil zu lenken und durch
erneutes Drainen von Treibstoff die Restmengen an Wasser aus den Tanks zu
entfernen. Ganz gelöst war das Problem dadurch immer noch nicht. Weitere
Untersuchungen ergaben schließlich, daß sich am Boden dieser Tanks oft eine
Diagonalfalte bildete, die für etwaiges Wasser eine Barriere darstellte, die das
Wasser auf dem Weg zum Drainventil nicht überwinden konnte.
Die FAA gab die
Airworthiness Directive 84-10-01 heraus, die die Installation von 'quick
drains', die Inspektion der Tankeinfüllstutzen auf Dichtigkeit sowie die
Untersuchung der Tanks auf Faltenbildung vorschrieb. Entweder waren die Falten
zu glätten oder der Tank komplett auszutauschen. Sofern Falten gefunden wurden,
waren je nach eingeschlossener Wassermenge weitere Maßnahmen notwendig wie z.B.
die Anbringung von Hinweisen, nach dem ersten Drainen die Tragflächen zu bewegen
und erneut Proben zu nehmen. Ggf. mußten auch Tankeinfüllstutzen mit geringerem
Durchmesser installiert werden. Die FAA betrachtete das Problem nicht zuletzt
vor dem Hintergrund der nach Einführung dieser Maßnahmen sinkenden Zahl an
Flugunfällen, die auf Wasser im Treibstoff zurückzuführen waren als gelöst, ganz
im Gegensatz zur NTSB, die kritisierte, daß nach wie vor keine zuverlässige
Möglichkeit bestand, vorhandenes Wasser im System zu erkennen. Die Diskussionen
zwischen den beiden Behörden liefen in eine Sackgasse und das Thema wurde auf
Eis gelegt.
Seit 1980 verbaut Cessna sogenannte 'integrated wing fuel tanks'. Alle
Diskussionen um das Thema 'Wasser im Treibstoff' bezogen sich weiterhin auf die
Gummitanks. Das letzte Amendment zur AD 84-10-01 stammt aus dem Jahr 1988. Im
September 1992 schreibt Cessna für verschiedene Modelle mit 'integral wing fuel
tanks' den Einbau von vier zusätzlichen Drain Ventilen vor.
In der Zeitschrift 'Flying' vom August 2001, im Wallstreet Journal vom 30. April
d.J. sowie im WichitaEagle vom 6. Mai 2001 tauchte das Thema wieder auf. Der
amerikanische Pilot Robert Scovill hat seit 1997 eine Vielzahl von
Motorproblemen erfahren und schließlich selbst Tests unternommen, um
festzustellen, ob dieses möglicherweise auf Wasser im Kraftstoffsystem
zurückzuführen ist. Es blieben wiederum erhebliche Mengen Wasser in den Tanks
zurück, obwohl die Proben beim Drainen kein Wasser mehr aufwiesen. Er folgert
daraus, daß auch bei diesem Tanktyp durch die eingebauten Verstrebungen im
Inneren der Tanks und der geringen Neigung der Tragflächen von 1°-2° ein Design-
Fehler vorliegt, der einen ungehinderten Fluß des Wassers zum Drainpunkt
verhindert. Die FAA und die NTSB wurden eingeschaltet, die wiederum Tests in
Zusammenarbeit mit dem Hersteller durchführten. Das erste Resultat: das Design
entspricht den Zertifizierungsrichtlinien. Bei Tests von Cessna selbst traten
trotz Wasser keine Beeinträchtigungen auf.
Scovill hat im Juli 2001 eine Petition eingereicht, da es nach seiner Auffassung
nicht sein kann, daß ein Tankdesign existiert, das kein zuverlässiges und
praktikables Verfahren erlaubt, um festzustellen, ob sich Wasser im Tank
befindet oder nicht. Er fordert eine entsprechende Untersuchung aus
Unfallermittlungssicht unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse und bittet
darum, daß sämtliche Unfälle, die auf wetterbedingte Ursachen (z.B.
Vergaservereisung), unangemessenen Vorflugcheck oder einen unbekannten Grund
zurückzuführen waren, nochmals aufgegriffen und überarbeitet werden.
Man stelle sich jetzt nur einmal diese Situation vor: der Flieger steht über
Nacht im Platzregen. Die Tankdeckel sollten eigentlich dicht sein, die Maschine
ist ja excellent gewartet. Vor dem Flug wird gedraint, kein Wasser in der Probe,
also war wirklich alles dicht. Wirklich?
Ich habe im deutschsprachigen Web so
gut wie nichts über dieses Thema gefunden. Außer den mahnenden Worten, beim
Betanken aus Fässern doch vorsichtig zu sein, den Tank vollständig mit
Kraftstoff zu füllen, um die Bildung von Kondenswasser zu vermeiden und auf gute
Tankverschlußdichtungen zu achten.
Es ist sicher wichtig, dafür zu sorgen, daß
gar nicht erst Wasser die Bekanntschaft des Treibstoffs macht. Aber es ist
mindestens genauso wichtig, daß einwandfrei erkennbar ist, was in dem Tank nun
eigentlich los ist, ob sich Wasser breitgemacht hat oder nicht. Bei den neueren
Modellen der Cessna-Schulterdecker muß mittlerweile an 13 Punkten gedraint werden.
Ein absurdes Niveau, wie Piloten bereits bemerkten, und ein wenig nützliches
obendrein, denn auch hier haben Tests gezeigt, daß nicht die gesamte Wassermenge
entfernt werden kann.
Ich bin gespannt, wie dieses Thema sich weiterentwickelt. Was sagt Ihr
eigentlich dazu?
In diesem Sinne: watch it...!
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