Gast-Kolumne


SUCHENSITEMAPKONTAKT


GENERAL
BRIEFING
INFO
DATA
PRESSE
MITFLUGBÖRSE
TOPICS
COMMUNITY
Gast-Kolumne
Forum
Piloten im Web
EQUIPMENT
UNTERHALTUNG

Die Gast-Kolumne von eddh.de-Lesern

Eine 'RTL-Extra'-Portion Sicherheit...?

Von Thorsten Neitzel (15.09.2002)

Habt Ihr ES gesehen? Am 09. und 10. September 2002? RTL Television. Massensender. Hohe Einschaltquoten. Breites Publikum aller Sozialschichten. Pilotenfeindlich.

Mit der Idee, einen Beitrag zur inneren Sicherheit in Deutschland zu leisten, startet ein RTL-Reporter mit seinen Kamerateams ab Egelsbach in einer C172XP zu einem Rundflug. Neben dem Überfliegen vom Kernkraftwerk Biblis entscheidet man sich unter anderem dazu, über einem Sperrgebiet einen Feuerlöscher aus dem Flugzeug zu werfen und explodierende Autos zu zeigen. Als Quasi-Anleitung für Schmalspur-Terroristen, als Warnung an die Öffentlichkeit adressiert.

Wenn RTL der Meinung ist, mit diesem Beitrag einen Beitrag zur Sicherheit geleistet zu haben, sind sie meiner Meinung nach auf dem Holzweg. Denn auch sie sollten wissen, dass alle Sicherheitsvorkehrungen, die von Menschen entwickelt und angewandt werden, von Menschen umgangen werden können.

Auf Anfrage gibt der Reporter - selbst Privatpilot - folgende Gründe für seinen Bericht an:

  • »Es besteht nach Meinung der Behörden eine Krisensituation, und der Bürger hat ein Anrecht auf Information. Dafür sei die Presse da. Journalisten müssen darauf hinweisen, dass ein Sperrgebiet schneller durchflogen ist als ein Abfangjäger aufsteigen kann. Vielmehr sollten die Kontrollen am Boden verstärkt werden, z.B. bei der Allgemeinen Luftfahrt die Flugleitung vor jedem Flug die Papiere und Personen sowie deren Vorhaben kontrollieren...«

Natürlich war alles legal, der Unsinn mit dem "Bombenabwurf" vom zuständigen RP genehmigt usw. Aber:

Selbst wenn heute von der Flugleitung vor jedem Flug kontrolliert würde, könntest Du dennoch erheblichen Unfug mit einem Flugzeug anstellen. Soweit klar. Nehmen wir an, der Kameramann ist ein "Schläfer". Hatte der Reporter denn seinen Lebenslauf studiert, bevor er ihn mit ins Flugzeug genommen hat? Hat er sein Vorstrafenregister gescreent? Ich glaube nein. Schließlich kennt er ihn ja und arbeitet schon lange mit ihm zusammen. (Nun sagt bloß nicht, das sei an den Haaren herbeigezogen. So etwas ist ganz bittere Realität, dass ein Kollege von Dir plötzlich einen Schalter umlegt und ausrastet.)

Was der Bericht allerdings tatsächlich auslöst, was bei den Menschen, die diesen Bericht sehen, hängenbleibt, ist die Gefahr, die von den Kleinflugzeugen ausgeht. Damit assoziieren die Menschen dann natürlich auch die Gefahr, die von uns Piloten ausgeht. Da wir ohnehin oft unter Beschuß stehen, ist das mit Sicherheit kein Vorteil, oder? Schon gar kein Sicherheitsbeitrag.

RTL Reporter Ralf B. wollte den Zuschauern zeigen, was Fakt ist? Warum tut er das denn dann nicht? Fakt ist, dass weder von Piloten noch von Flugzeugen - ob klein oder groß - eine reelle Bedrohung der Bevölkerung ausgeht. In dem Bericht wurde etwas anderes wahrgenommen. Die zu erwartenden Reaktionen darauf liegen auf der Hand: Wieder ein paar neue Restriktionen für die allgemeine Luftfahrt. Möglicherweise nur die Tatsache, dass die Empfehlung des BMVBW, die MSA über Großstädten auf 2000 ft. AGL anzuheben, nun zu einem Gesetz wird. Folge: Du wirst nie mehr Frankfurt von oben sehen, außer, Du sitzt im Airliner. Oder der Stopp des Ausbau Egelsbach mit der Folge, keine Geschäftsfliegerei mehr in 14 Monaten.

Fakt ist z.B., dass ich, wenn ich ins Flugzeug steige, von Profis umgeben bin, sowohl in der Luft als auch am Boden. Nicht umsonst ist und bleibt das Flugzeug das sicherste Verkehrsmittel der Neuzeit. Wenn einer nun vor hat, die zivilisierte Welt zu schädigen oder anzugreifen, dann kann er dies mit jeglichem Verkehrsmittel tun (Bus, Bahn, Zug, Schiff, Auto, (Tank-)Lastzug, Fahrrad.). Oder aber er baut einfach eine Bombe. Oder er erschießt einfach ein paar Leute.

Was auch immer. Das wissen alle, und die meisten schaffen es, diese Gedanken nicht ständig präsent zu haben, so dass man ein normales Leben führen kann. Die armen Menschen, die das nicht schaffen, leben in ständiger Angst.

Mit solchen Fernsehbeiträgen, die mit der "Macht" RTL ein sehr breites Publikum erreichen, werden diese Gedanken in den Vordergrund geleitet. Menschen, die ohnehin an Angstzuständen leiden, werden panisch. Menschen, die es normalerweise verdrängen, werden ängstlich. Hat sich Reporter Ralf B. über dieses "Sender-Empfänger"-Problem eigentlich mal Gedanken gemacht, bevor er diesen Bericht gesendet hat?

Auch dass er z.B. über Biblis in ausreichender Höhe geflogen ist (nach eigenen Angaben 2.900 ft. MSL), tut hier nichts zur Sache, denn die Zuschauer realisieren das nicht. Sie sehen Flugzeug + Kernkraftwerk = Radioaktive Verseuchung! Mehr bleibt nicht hängen. Ich denke, das ist einem Journalisten mit jahrelanger Berufserfahrung stets bewußt. Sollte es jedenfalls sein.

Es kann doch nicht ernsthaft im Interesse eines Privatpiloten sein, dass wir noch mehr Auflagen bekommen und noch mehr kontrolliert werden als es ohnehin schon der Fall ist. RTL wird mit solchen Berichterstattungen niemals einen Sicherheitsbeitrag leisten können. Im Gegenteil, vielleicht bekommt ein Nachahmer noch ein paar gute Tipps mit auf den Weg, wie man es denn anstellen könnte. Ich persönlich finde das unverantwortlich von RTL, einen solchen Beitrag in bezug auf den 11. September zu senden.

Wir hatten keine Krisensituation - jetzt haben wir eine. So sehe ich das.

Thorsten Neitzel



Über dieses Thema diskutieren...





to the TOP... eddh.de - ...fly with fun! to the TOP...